„Was ist das denn?“
„Mama, das siehst du doch, das ist eine Einkaufstasche.“
„Wann hast du sie gekauft?“
„Was spielt das für eine Rolle, wann ich sie gekauft habe? Etwa vor zwölf Jahren. Ich glaube, Max hat sie mir geschenkt, als wir noch in Mainz gelebt haben. Ich liebe diese Tasche und ich beabsichtige auch weiterhin mit dieser Tasche einkaufen zu gehen. Mama, bitte leg die Tasche wieder hin. Mama, du nervst.“
„Was regst du dich so auf? Benimm dich nicht wie ein Kleinkind. Wieso sieht die Tasche so zerknittert aus? Hast du sie etwa nicht gebügelt?“
„Mama, kein einziger Mensch in Deutschland bügelt seine Einkaufstaschen. Nur du.“
„Gib das Bügeleisen her. Ich kann die Tasche selber bügeln. Warum musst du mich auch immer und überall blamieren.“
Mama breitet auf dem Tisch die Decke aus, steckt die Gabel in die Steckdose. Die Wände zittern, es gibt einen lauten Knall, vier Katzen verschwinden gleichzeitig hinter der Couch, Zwillingen schreien, Naida heult auf, Orion jagt panisch seinem eigenen Schwanz hinterher, die Luft füllt sich mit Rauch und Gestank. Meine Mutter betrachtet interessiert das qualmende Device in ihrer Hand.
„Klasse, Mama. Super. Ganz toll gemacht“, grinse ich schadenfroh und sehe mir das durchgebrannte Kabel des Bügeleisens an. „Bist du jetzt zufrieden? Hast du die Tasche selber gebügelt?“
„Was hab‘ ich damit zutun?“ empört sich die Verursacherin des neuen Desasters. „Was ist das für ein Bügeleisen? Wann hast du es gekauft?“
Es freut mich sehr, dass mich im Geschäft für Elektrowaren inzwischen jeder kennt. Ich habe mich auch an das Geräusch gewöhnt, das entsteht, wenn die Sicherungen im ganzen Werkstock herausfliegen. Als meine Mutter am Freitag ankam, habe ich es zum ersten Mal vernommen. „Mama, was treibst du denn da?“ — „Gar nichts. Ich habe bloß das Licht im Gästebadezimmer eingeschaltet.“
Ich habe neue Sicherungen gekauft, alte damit ersetzt. „Kaufen sie doch noch ein paar Sicherungen. Vielleicht fliegen welche am Wochenende raus und dann sitzen sie ohne Licht da“, hat mir die feinfühlige Verkäuferin geraten.
Momentan realisiert meine Mutter auf dem Balkon ihre Träume. Ich bin völlig entspannt: Es gibt dort weder Steckdosen noch Lichtschalter.
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Проблематика глаженья авосек в постмодернистском обществе